Freitag, 13. Dezember 2013

Gängige Ideen & Allgemeinplätze


Gängige Ideen & Allgemeinplätze

Bestimmte Ideen, welche durch Magazine, Internetseiten, Fernsehsendungen, Romane,  gefühlsselige Filme u.a. verbreitet werden, können Dir die Aufgabe sehr erleichtern. Es liegt an Dir, daraus Nutzen zu ziehen.

Glücklich (freudestrahlend, schön, reich, berühmt, bei guter Gesundheit) sein ist für jeden Menschen möglich, „er muss es nur wollen“.

Es gibt genug Geschichten – ob wirkliche oder erfundene – über außergewöhnliche Schicksale, unerwartete Glücksfälle, um dieser Idee Glaubwürdigkeit zu verleihen. Wenn man Dir entgegnet, dass die übergroße Mehrheit der Leute kein außergewöhnlich glückliches Schicksal kennt, wirst Du erklären, dass dies gerade die ’Wahrheit’ dieses „Man-muss-es–nur-Wollen“ ‚beweist’. Da es ausreicht „es nur zu wollen“, um glücklich (oder reich, schön, berühmt...) zu sein, enthüllt sich die Tatsache, es nicht zu sein, als eine ‚pathologische Schwäche’ (Blockierung, Traumata, Leidensbereitschaft, Selbstschädigung usw.).


Eine Chance für den Klienten, der noch nicht vollkommen glücklich ist: Du als Therapeut hast ja die Lösung, die es ihm erlaubt, „wenn er es wirklich will“, aus dem Dreck, in dem er watet, herauszukommen. Mentale Manipulation: Wende eine mehr oder weniger feine Form der Anerkennung an. Wenn der einfältige Kerl Deine ausgestreckte Hand (die ihm angeblich helfen, in Wirklichkeit aber sein Geld aus der Tasche ziehen will) nicht annimmt, so beweist das seine negative Einstellung, seinen Willen, im Unglück unterzugehen. Unterstreiche dies auf delikate Weise, indem Du ihm z.B. nahelegst, dass er „vielleicht nicht bereit ist, seine alten Verhaltensweisen aufzugeben“ und dass er „im Innern Angst vor dem Wechsel hat, der notwendig ist, um das Glück zu erreichen“ oder auch, dass „dieser Schritt Mut verlangt“ oder „Engagement fordert“...
Gewiss etwas gesucht,  aber wirkungsvoll.





Praktische Übung: Argumentieren

Gib in den Suchmaschinen die Worte: „Misserfolg, Leben, Verantwortung, Therapie“ ein, schnapp’ Dir Ideen von überall her und verfasse eine kleine Rede über das Thema: „Man kann glücklich sein, wenn man es nur will“.

Übe dann dein Rede-Bla-Bla vor Deinem Spiegel. Um dem einen ernsthaften Anstrich zu geben, sprich mit einer etwas gesetzteren Stimme als gewöhnlich. Senke das Kinn ein wenig nach unten, Du wirst sehen, dass dies hilft. Achte darauf, dass Stimme und Gestik überzeugen. Übe und verbessere so lange, bis Du Dich in der Lage fühlst, Deine Zuhörer mit einer ‚frohen Botschaft’ zu gewinnen.

Gewiss, die Ausbildung ist kostenlos, das heißt aber nicht, dass  man sie nur so aus dem Ärmel schütteln kann.

Glücklich zu sein ist eine Aufgabe, eine moralische Verpflichtung für jedes menschliche Wesen.

Reite auf der Welle der positiven Haltung.

Da es genügt, das Glücklich-Positiv-und-Freudestrahlend-Sein „nur wirklich zu wollen“, haben wir demnach die Aufgabe es zu sein oder wenigstens den Anschein zu erwecken: Wenn jemand sich traurig fühlt, mies, dumm, arm oder krank, dann leidet er nicht nur für sich, sondern er muss sich auch schuldig fühlen an seinem Misserfolg. Denn das normale Schicksal eines jeden Menschen ist das vollkommene Glück. Somit darf ein armer Kerl sich nicht darauf ausruhen, an allen Einschränkungen zu leiden, welche ihm seine finanzielle Situation auferlegt: er muss sich auch dafür schuldig zu fühlen, dass er nicht im Überfluss leben kann, denn der Wohlstand ist ja für jeden erreichbar, der ihn wirklich wünscht.

Wenn aber ein armer Schlucker an seiner bedauernswerten Situation nicht so sehr leidet, dass er sich von Dir nicht helfen lässt oder aufgibt, dann kannst Du eine andere gängige Idee nutzen, um dem Widerspenstigen seine Schuld zu verdeutlichen und ihn dazu zu verleiten, auf Deine Fähigkeiten zu setzen.

Es handelt sich hierbei um die landläufige Vorstellung, dass Glück ansteckend wirkt. Ganz gleich, ob diese Vorstellung richtig oder falsch ist, sie ist vor allem nützlich. Wenn Dein (zukünftiger) Klient sich nicht ausreichend liebt, um gerne alles und alles nur Mögliche für sein Glück zu versuchen, so muss er es doch machen, wenigstens für die anderen. Lobe ihn als ‚verantwortungsvoll’ ‚gewissenhaft’  oder ‚hochherzig’.


Praktische Übung: Argumentieren

Gib in Deinen Suchmaschinen die Worte „ansteckendes Glück“ ein, klau’ bei den einen und den anderen Ideen und entwirf eine Rede zum Thema: „Wenn ich glücklich werde, trage ich auch zum allgemeinen Glück bei“. Finde in gleicher Weise, ausgehend von Begriffen wie: ‚Egoismus’, Leiden’, ‚Unglück’ etc., Argumente, um die These zu belegen: „Der Egoismus ist die Ursache von vielen Übeln auf der Welt.“
Übe die Rede immer wieder vor dem Spiegel, dann vor Deinen Kumpeln, Deinen Kollegen, Deinen Freunden vom Fußballclub. Wenn Du Dich schließlich echten Kunden widmen musst, wirst du einfach großartig sein.

Gut, ich weiß wohl, das ist Arbeit, aber glaub’ bloß nicht, dass ich Dich im Handumdrehen in einen Scharlatan verwandeln werde, oder?

Auch lesenswert :

  • Lügen und Beeinflussen : Wie kann man jemandes Verhalten beeinflussen? Was funktioniert besser: Beweisführung, Zwang oder Manipulation?


  • Ideales Opfer ? Jedes menschliche Wesen ist praktisch jederzeit dafür empfänglich, von einem Hochstapler in die Falle gelockt zu werden. Sogar Du. Sogar ich.

  • Lass' die Puppen tanzen : Um eine Person zu beeinflussen, ohne auf Gewalt oder auf Argumentation zurückzugreifen, musst Du lernen, die wichtigsten Hebel der Manipulation zu bedienen.

  • Je grösser, desto besser : Ein eindrucksvolles Beispiel von Manipulation und Scharlatanerie, das fast 200 Jahr alt ist, ist wieder zu entdecken.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen