Gängige Ideen & Allgemeinplätze
Bestimmte Ideen, welche durch
Magazine, Internetseiten, Fernsehsendungen, Romane, gefühlsselige Filme u.a. verbreitet werden,
können Dir die Aufgabe sehr erleichtern. Es liegt an Dir, daraus Nutzen zu
ziehen.
Glücklich
(freudestrahlend, schön, reich, berühmt, bei guter Gesundheit) sein ist für
jeden Menschen möglich, „er muss es nur wollen“.
Es gibt genug Geschichten – ob
wirkliche oder erfundene – über außergewöhnliche Schicksale, unerwartete
Glücksfälle, um dieser Idee Glaubwürdigkeit zu verleihen. Wenn man Dir
entgegnet, dass die übergroße Mehrheit der Leute kein außergewöhnlich
glückliches Schicksal kennt, wirst Du erklären, dass dies gerade die ’Wahrheit’
dieses „Man-muss-es–nur-Wollen“ ‚beweist’. Da es ausreicht „es nur zu wollen“, um
glücklich (oder reich, schön, berühmt...) zu sein, enthüllt sich die Tatsache,
es nicht zu sein, als eine ‚pathologische Schwäche’ (Blockierung, Traumata, Leidensbereitschaft,
Selbstschädigung usw.).
Eine Chance für den Klienten, der
noch nicht vollkommen glücklich ist: Du als Therapeut hast ja die Lösung, die
es ihm erlaubt, „wenn er es wirklich will“, aus dem Dreck, in dem er watet,
herauszukommen. Mentale Manipulation: Wende eine mehr oder weniger feine Form
der Anerkennung an. Wenn der einfältige Kerl Deine ausgestreckte Hand (die ihm
angeblich helfen, in Wirklichkeit aber sein Geld aus der Tasche ziehen will) nicht
annimmt, so beweist das seine negative Einstellung, seinen Willen, im Unglück
unterzugehen. Unterstreiche dies auf delikate Weise, indem Du ihm z.B.
nahelegst, dass er „vielleicht nicht bereit ist, seine alten Verhaltensweisen
aufzugeben“ und dass er „im Innern Angst vor
dem Wechsel hat, der notwendig ist, um das Glück zu erreichen“ oder auch, dass „dieser Schritt Mut verlangt“ oder
„Engagement fordert“...
Gewiss etwas gesucht, aber wirkungsvoll.
Praktische Übung: Argumentieren
Gib in den Suchmaschinen die
Worte: „Misserfolg, Leben, Verantwortung, Therapie“ ein, schnapp’ Dir Ideen von
überall her und verfasse eine kleine Rede über das Thema: „Man kann glücklich
sein, wenn man es nur will“.
Übe dann dein Rede-Bla-Bla vor
Deinem Spiegel. Um dem einen ernsthaften Anstrich zu geben, sprich mit einer
etwas gesetzteren Stimme als gewöhnlich. Senke das Kinn ein wenig nach unten,
Du wirst sehen, dass dies hilft. Achte darauf, dass Stimme und Gestik
überzeugen. Übe und verbessere so lange, bis Du Dich in der Lage fühlst, Deine
Zuhörer mit einer ‚frohen Botschaft’ zu gewinnen.
Gewiss, die Ausbildung ist
kostenlos, das heißt aber nicht, dass
man sie nur so aus dem Ärmel schütteln kann.
Glücklich zu sein ist eine
Aufgabe, eine moralische Verpflichtung für jedes menschliche Wesen.
Reite auf der Welle der positiven Haltung.
Da es genügt, das
Glücklich-Positiv-und-Freudestrahlend-Sein „nur wirklich zu wollen“, haben wir
demnach die Aufgabe es zu sein oder wenigstens den Anschein zu erwecken: Wenn
jemand sich traurig fühlt, mies, dumm, arm oder krank, dann leidet er nicht nur
für sich, sondern er muss sich auch schuldig fühlen an seinem Misserfolg. Denn
das normale Schicksal eines jeden Menschen ist das vollkommene Glück. Somit
darf ein armer Kerl sich nicht darauf ausruhen, an allen Einschränkungen zu
leiden, welche ihm seine finanzielle Situation auferlegt: er muss sich auch
dafür schuldig zu fühlen, dass er nicht im Überfluss leben kann, denn der
Wohlstand ist ja für jeden erreichbar, der ihn wirklich wünscht.
Wenn aber ein armer Schlucker an
seiner bedauernswerten Situation nicht so sehr leidet, dass er sich von Dir
nicht helfen lässt oder aufgibt, dann kannst Du eine andere gängige Idee
nutzen, um dem Widerspenstigen seine Schuld zu verdeutlichen und ihn dazu zu verleiten,
auf Deine Fähigkeiten zu setzen.
Es handelt sich hierbei um die landläufige
Vorstellung, dass Glück ansteckend wirkt.
Ganz gleich, ob diese Vorstellung richtig oder falsch ist, sie ist vor allem
nützlich. Wenn Dein (zukünftiger) Klient sich nicht ausreichend liebt, um gerne
alles und alles nur Mögliche für sein Glück zu versuchen, so muss er es doch
machen, wenigstens für die anderen. Lobe ihn als ‚verantwortungsvoll’
‚gewissenhaft’ oder ‚hochherzig’.
Praktische Übung: Argumentieren
Gib in Deinen Suchmaschinen die
Worte „ansteckendes Glück“ ein, klau’ bei den einen und den anderen Ideen und
entwirf eine Rede zum Thema: „Wenn ich glücklich werde, trage ich auch zum
allgemeinen Glück bei“. Finde in gleicher Weise, ausgehend von Begriffen wie:
‚Egoismus’, Leiden’, ‚Unglück’ etc., Argumente, um die These zu belegen: „Der
Egoismus ist die Ursache von vielen Übeln auf der Welt.“
Übe die Rede immer wieder vor dem
Spiegel, dann vor Deinen Kumpeln, Deinen Kollegen, Deinen Freunden vom
Fußballclub. Wenn Du Dich schließlich echten Kunden widmen musst, wirst du
einfach großartig sein.
Gut, ich weiß wohl, das ist
Arbeit, aber glaub’ bloß nicht, dass ich Dich im Handumdrehen in einen
Scharlatan verwandeln werde, oder?
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