Samstag, 7. Juni 2014

Hamers Theorien über die Krebskrankheit


Hamers Theorien über die Krebskrankheit – erklärt von Merlin Parpaing

Heute wird Merlin Parpaing in einem Interview über das Verständnis und den Heilungsprozess der Krebskrankheit, wie sie der Ex-Mediziner Ryke Geerd Hamer versteht, berichten.
Zoélie F.: Guten Tag, Merlin. Kannst du uns sagen, wer dieser Hamer ist?

Merlin Parpaing: Guten Tag, Zoélie. Gewiss! Ryke Geerd Hamer ist ein Ex-Mediziner aus Deutschland, der 1981 eine neue Zugangsweise zum Krebs vorgeschlagen hat: Revolutionär und hoffnungsvoll für die einen, falsch und gefährlich für die anderen. Im Lauf der Zeit wurde er zum Objekt mehrerer gerichtlicher Verurteilungen in Deutschland, Österreich und Frankreich. Sein Arztstatus wurde ihm endgültig entzogen, aber von Norwegen aus setzt er die Verbreitung seiner Ideen mittels Büchern und Internetseiten in mehreren Sprachen fort. Seine Theorien wurden von zahlreichen „Therapeuten“, einschließlich Ärzten, aufgenommen und mehr oder minder überarbeitet.

Zoélie F.: Ich habe gelesen, dass dieser Hamer 1962 Arzt wurde und sich 1972 in innerer Medizin spezialisiert hat. Bekannt ist, dass er zu jener Zeit bereits Schulden hatte. Im Jahr 1976, noch höher verschuldet, ist er mit seiner Familie nach Italien gezogen, um seinen Gläubigern zu entgehen.

Merlin Parpaing: Und dort wurde 1978 sein Sohn Dirk von einer Kugel tödlich verletzt. Einige Monate nach dem Tod seines Sohnes erkrankte er am Hodenkrebs, der operiert wurde. Hamer hat dann eine Verbindung zwischen dem Verlust seines Sohnes und seiner Krankheit hergestellt.
Er ist überzeugt, dass das eine die Ursache für das andere ist. Er stellt eine Theorie über die Ursache der Krebserkrankung und den Gesundungsprozess auf. Er versichert, dass er seine Theorie auf zahlreichen Beobachtungen aufgebaut habe, aus denen er 5 Gesetze ableitete.

Zoélie F.: Prüfen wir diese 5 Gesetze und ihre Inhalte. Betrachten wir zunächst sein „Ehernes Gesetz des Krebses“.


Merlin Parpaing: Nach Hamer entsteht jeder Krebs, bzw. - allgemeiner -jede Krankheit, durch einen unerwarteten psychischen Schock, einen Schock, der Mensch und Tier ‚auf dem falschen Fuß’ erwische, einen niederschmetternden, brutalen Schock : das „DHS“ = Dirk-Hamer-Syndrom.
Die drei Ebenen des Organismus - die psychische, die geistige und die organische – seien miteinander verbunden. Das „DHS“-Syndrom habe somit einen Einfluss auf jede der drei Ebenen. Die psychologische Ebene wirke auf eine bestimmte Hirnzone. Auf der Ebene des Gehirns sei der Einschlag des Schocks nach Hamer im Scanner sichtbar und wird „Hamer-Bereich“ genannt. Was den Organismus betrifft, solle der Krebs (oder jede andere Krankheit) sich auf jenem Organ entwickeln, das von dem Hirnbereich kontrolliert wird, wo sich angeblich der „Hamer-Bereich“ befindet.

Zoélie F.: Das ist etwas schwer verständlich.

Merlin Parpaing: Illustrieren wir das etwas konkreter. In der Natur nutzen Tiere oft ihre Urin-Reserve, um ihr Territorium zu markieren. Bei einem menschlichen Wesen wird ein ‚biologischer Konflikt um das Territorium’ (z.B. mein Kollege belegt meinen Schreibtisch, mein Nachbar parkt vor meiner Türe, meine Eltern haben mir einen kleinen Bruder aufgedrängt etc.) ausgedrückt durch eine Pathologie, die dem „Pipi“ (Bettnässen, Blasenkatarrh, Harnblasenkrebs) entspricht.
Nach Hamer sollen die Hirntumoren nicht existieren; es soll sich vielmehr um die „Hamer-Bereiche“ handeln.
Seiner Behauptung nach gibt es die Metastasen, wie sie von der wissenschaftlichen Medizin beschrieben werden, nicht. Hamer leugnet die Möglichkeit ab, dass Krebszellen im Körper sich bewegen und weitere Krebszentren bilden können. Für ihn ist jede Einnistung eines Krebses im Körper gebunden an einen „Hamer-Bereich“ in einer speziellen Zone des Gehirns, in Verbindung mit einem biologischen Konflikt. So würde eine Krebsdiagnose einen „Diagnose-Konflikt“ hervorrufen, und was man „pulmonäre Metastasen“ nennt, würde von einem „Todesangst-Konflikt“ herrühren.

Zoélie F.: Somit ist die wichtigste Idee dieses ‚Ehernen Gesetzes der Krebserkrankung’ die, dass die Krebsbildung durch einen intensiven Stress ausgelöst sei. Nun zeigen aber Studien, die sich mit Menschen befassen, welche großem Stress ausgesetzt sind (z.B. ein krebskrankes Kind zu haben, den Tod eines Kindes zu bewältigen u.ä.), dass deren Risiko, an einem Krebs zu sterben, vergleichbar ist mit dem im Rest der Bevölkerung.
Anders gesagt: Hamers Idee vom Stress, der Krebs errege, stimmt nicht mit der Wirklichkeit überein. Der Krebs kann also in Wirklichkeit mehrere Ursachen haben – und unter den Risikofaktoren finden sich an erster Stelle Tabak- und Alkoholkonsum genau so wie geringe physische Übungen.

Merlin Parpaing: Ja, aber die Mehrheit der Leute stellen gerne eine Verbindung zwischen der Krankheit und besonderen, vorausgehenden  stressauslösenden Ereignissen her. Im übrigen hat Hamer eine Art Kartographie vorgeschlagen, die Konflikt und Krebs miteinander in Verbindung bringt. So indiziert Hamer für jede Krebsdiagnose den Konflikt-Typ, den er für die Ursache der Krankheit hält.

Zoélie F.: Und es ist ja leicht, im Leben einer Person schwerwiegende Ereignisse zu finden, die einem Konfliktfall nahekommen. Solche Ereignisse als eine schwere Krankheit auslösende Faktoren zu bestimmen, trägt dazu bei, diesen Ereignissen Bedeutung zuzumessen, oder?

Merlin Parpaing:  Na, ganz gewiss! Um zu einem der von mir aufgeführten Beispiele zurückzukehren: Stellen wir uns vor, dass Du einem Jemand, der sich darüber beklagt, dass ein unordentlicher Kollege seinen Schreibtisch belege, eröffnest, dass dieser Kollege riskiere, durch seine Frechheit bei ihm einen Krebs auszulösen... Meistens lacht dieser Jemand Dich aus und hält Dich für einen Scharlatan. Stell’ Dir nun vor, dass sich eben diese Person, erschüttert durch eine kürzlich erfolgte Krebsdiagnose, sich an Dich wendet; und Du erläuterst ihm, dass in Anbetracht des befallenen Organs und der betroffenen biologischen Funktion seine Krankheit zweifellos aus einem biologischen Konflikt in Form eines Übergriffs in das ‚Territorium’ herrühre. Du bittest diese Person, alles, was sie vor der Krankheitsdiagnose in Bezug auf diese Thematik erlebt hat, aufzuzählen. Gleich, was die Person erwähnt, ob die Vereinnahmung seines Schreibtisches durch den Kollegen, das Belegen des Parkplatzes durch seinen Nachbarn oder einen Einbruchdiebstahl: Du wirst diese Person davon überzeugen können, dass dies die Ursache der Krebserkrankung sei.

Zoélie F.: Das lässt mich an das cold reading denken, eine von Leuten, die sich Medium nennen, und von Sehern bzw. Seherinnen angewandt wird, um glauben zu machen, dass sie gewisse Kenntnisse über ihre Gesprächspartner haben...

Merlin Parpaing: Exakt! Man muss dem Gesprächspartner zuerst einmal die Würmer aus der Nase ziehen und sich danach dessen bedienen, was er gesagt hat. In jedem Fall kannst Du gerne glauben, dass von dem Moment an, wo ein Ereignis als Ursache der Krebserkrankung bestimmt wurde, dieses Ereignis vom Erkrankten ganz und gar nicht als banal oder harmlos wahrgenommen wird.

Zoélie F.: Ich glaube Dir. Darüber hinaus brauchst du gerade mal einen Schmöker, der die Krankheiten und die entsprechenden Konflikte auflistet – und schon kannst du dich als Therapeut niederlassen. Es genügt, dass die Klienten ihre Diagnose angeben – und das Geschäft brummt!

Merlin Parpaing: Ja, so läuft’s. Man muss nur dreist und fest genug versichern, dass die Krankheitsursache der betreffende Konflikt sei – und schon hast Du die Aura eines Therapeuten, der die Materie so sehr beherrscht, dass kaum jemand es wagen wird, Dein Wort in Frage zu stellen.

Zoélie F.: Dreistigkeit, wie üblich... Eine weitere, wichtige Behauptung dieses berüchtigten „Ehernen Gesetzes vom Krebs“ ist, dass die Metastasen, so wie sie von der wissenschaftlichen Medizin definiert sind, angeblich nicht existieren. Nach Hamer kann der unterschiedliche Krebsbefall im Körper ein und derselben Person nicht das Resultat der Verbreitung des anfänglichen Tumors sein. Jeder Krebs ist seiner Ansicht nach das Ergebnis einen spezifischen Konflikts.

Merlin Parpaing: Das ist tatsächlich die Behauptung von Hamer und einigen seiner Jünger. Nach ihnen können Krebszellen nicht innerhalb des Organismus wandern und weitere Organe befallen.

Zoélie F.: Tatsächlich weiß man jedoch, dass bestimmte Krebszellen sich vom Ursprungstumor lösen können, über das Blut oder die Lymphen sich ausbreiten und andere Organe befallen. Stellen wir uns den Fall einer Person vor, deren Niere von einem Krebs (als Primär-Tumor) angegriffen wurde. Nun werden Krebsbeschädigungen in der Lunge festgestellt. Wenn dieser Patient sich an Hamer wendet oder an einen seiner Schüler, wird er nur hören, dass dieser Lungenkrebs ein neuer Krebs sei, der aus einem „Todesangst-Konflikt“ entstanden sei. Wenn man aber einen Abstrich von den Verletzungen in der Lunge nimmt und im hierfür geeigneten Labor analysieren lässt, muss der Patient sich auf ganz andere Schlüsse gefasst machen. Entweder haben die untersuchten Zellen die Charakteristiken von typischen Lungen-Zellen. Dann handelt es sich tatsächlich um einen neuen Krebs, einen primären Lungenkrebs; oder die untersuchten Zellen haben die ähnlichen Charaktere wie die Nierenzellen: Dann handelt es sich um Metastasen (sekundäre Tumoren). Zusammenfassend lässt sich sagen: Ein sekundärer Krebs ist sehr wohl nicht mit einem zweiten Krebs zu vergleichen.

Merlin Parpaing: Es stimmt, dass die mikroskopische Beobachtung der Krebszellen er erlaubt, die Existenz von Metastasen, wie sie die wissenschaftliche Medizin definiert, zu bestätigen.

Zoélie F.: Einverstanden. Da nun die Metastasen ein Beleg für die Ausbreitung der Krankheit oder – anders ausgedrückt – der Verschlimmerung sind, ist die Leugnung von Metastasen sozusagen eine Leugnung der Schwere der Krebskrankheit. Ich bin versucht zu sagen, dass Hamer fast ein Negationist genannt werden könnte. Was denkst Du darüber?

Merlin Parpaing: Du hast recht, Zoélie, der Begriff des Negationismus lässt sich gut auf Hamer anwenden. Er bestreitet auch die Gefährlichkeit der pathogenen Mikroben, wie wir gleich sehen werden. Hamer hat auch ein Buch über Aids geschrieben, in dem er die Existenz des HIV-Virus bestreitet und die Krankheit auf eine einfache Allergie reduziert. Hamer ist auch ein unerbittlicher Gegner von Impfungen. Er ist außerdem bekannt für seine antisemitischen Äußerungen.

Zoélie F.: Ein charmanter Zeitgenosse. Der Erfolg seiner Theorien erklärt sich zum Teil aus dem Mangel an wissenschaftlicher Kenntnisse der Leute. Aber sicher ist seine Leugnung in Bezug auf die Gefährlichkeit des Krebses  auch eine Widerspiegelung der Verweigerungshaltung von Personen, die plötzlich mit dieser Krankheit konfrontiert werden. Sprechen wir nun vom zweiten Gesetz Hamers, dem „Gesetz der zwei Phasen“...

Merlin Parpaing: Hamer behauptet, dass das sympathetische Nervensystem die Oberhand behält, solange der Konflikt ‚aktiv’ ist. Der Kranke würde weniger essen, weniger schlafen, er wäre oft sehr aktiv und seine Gliedmaßen wären kalt. Das nennt Hamer die „kalte Phase“ der Krankheit. Diese Phase könne, wenn sie zu lange andauere, den Tod durch Erschöpfung nach sich ziehen.
Sobald der Konflikt gelöst ist  – so Hamer – verfällt das Subjekt in die ‚Vagotonie’ (Leere) (Vorherrschaft des parasympathischen Nervensystems): Schlaf, Appetit, Hitze. Das sei die „warme Phase“ der Krankheit, für Hamer die Phase der Heilung. Das Risiko dieser Phase sei die „epileptische Krise“, welche den Tod herbeiführen könne. Er rät zur Vermeidung von Risiken das Auflegen von eiskalten Kompressen an den Kopf und eine Kortison-Verschreibung. Die beiden Phasen zusammen bilden ein „SBS“ (= Sinnvolles Biologisches Sonderprogramm), und das Ergebnis sei eine Rückkehr zur „Normotonie“ (= ausgeglichenes Funktionieren der Nervensystems).

Zoélie F.: Wenn man demnach Hamer folgen wollte, genügte lediglich eine „Konflikt-Lösung“, um einen natürlichen Selbstheilungsprozess der Krebserkrankung auszulösen.

Merlin Parpaing: Das behauptet er tatsächlich. Und deshalb haben Patienten, die Hamer oder einem seiner Jünger vertrauten, auf die konventionelle medizinische Behandlung verzichtet. Die Theorien Hamers
wollen keine ergänzende Behandlung zur klassischen Medizin sein, sondern eine ganz eigene Therapie, deren Ziel es ist, den angeblich ursächlich zugrundeliegenden Konflikt zu identifizieren und zu lösen.

Zoélie F.: eine Internet-Recherche hat mir gezeigt, dass der Begriff „Vagotonie“ hauptsächlich in der medizinischen Literatur der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts und in der Kardiologie auftaucht . Heute werden die Begriffe Vagotonie und Sympathicotonie vor vor allem von Hamer gebraucht.

Merlin Parpaing: Ja, Hamer hat diesen Begriffen einen zweiten Frühling beschert!

Zoélie F.: Was Ärzte ‚Krankheiten’ nennen ist nach Ansicht Hamers nichts anderes als eine der beiden Phasen des „SBS“. Aber er hat niemals bewiesen, dass diese beiden Phasen tatsächlich für alle Krankheiten bestehen. Die Empfindung von kalt oder warm an Händen oder Füßen kann z.B. innerhalb eines Tages durchaus variieren, sowohl für eine Person in guter Gesundheit wie auch für jemanden mit Schnupfen oder mit einer Krebserkrankung. Man muss es ihm halt einfach glauben.

Merlin Parpaing: Ja, und das machen nicht wenige. Die Behauptung ist wissenschaftlich nicht bestätigt – aber sie kommt immerhin von einem Arzt.

Zoélie F.: Eben ein Autoritätsargument! Es ist leicht verständlich, dass dies bei zahlreichen Personen, die nicht Medizin studiert haben, funktioniert.

Merlin Parpaing: Unter den „Therapeuten“, die sich mehr oder minder von den Theorien Hamers inspirieren ließen, gibt es auch einige Mediziner.

Zoélie F.: Ja, aber lassen wir das für heute. Ich würde es für gut halten, wenn Du ein andermal wiederkommst. Dann sollten wir über die unterschiedlichen Therapieverfahren Hamers und ihre emblematischen
Begriffe sprechen. Nehmen wir uns aber jetzt das dritte Gesetz vor,
das „Ontogenetischen System der Krankheiten“.

Merlin Parpaing: Nach Hamer soll die Entwicklung der Krankheit verbunden sein mit dem embryonalen Beginn der inneren, mittleren und äußeren Zellschichten (endoderme, mesoderme und ectoderme). Entsprechend dem embryonalen Beginn des Gewebes und dem Teil des Gehirns, der es beherrscht, sei die aktive Phase des Konflikts durch eine Zell-Wucherung (zusätzliche Zell-Masse) gekennzeichnet oder auch durch eine Zerstörung der Gewebe (absterbend oder geschwürbedingend).
Das Kleinhirn beeinflusse die inneren Gewebe.
Der Gehirnstamm beeinflusse das Gewebe der mittleren Organe.
Der Cortex beeinflusse die äußeren Gewebe.

Zoélie F.: Was heißt das?

Merlin Parpaing: Nun, nach Hamer sind alle Organe, die aus dem endodermen Gewebe kommen, durch das alte Hirnareal bestimmt und haben die Neigung, im Fall eines aktiven Konflikts ihre Zellen zu vermehren (krebsartiger Tumor). Wenn der Konflikt gelöst ist, sollen natürliche Mechanismen es erlauben, diesen Tumor aufzulösen oder unschädlich zu machen. Im Gegensatz hierzu sollen die Organe und Gewebe, die aus der äußeren (ektodermen) Zellschicht entstanden sind, durch den Kortex dominiert werden und hätten die Tendenz, sich in der aktiven Phase eines Konflikts auszuhöhlen oder ein Geschwür zu bilden und sich wieder zurückzubilden, sobald der Konflikt beendet ist.

Zoélie F.: Mmh! Dieses Gesetz scheint ja geradezu seriös begründet zu sein.

Merlin Parpaing: Ja, es scheint. Alle diese aus der Biologie und der Embryologie entliehenen Begriffe beeindrucken sehr... Vor allem Leute, die keine ärztliche Ausbildung haben.


Zoélie F.: Offensichtlich. Dennoch lese ich in einem Text der medizinischen Fakultät der Universität Montpellier auf Seite 5, dass die ‚Galactophoren’  - Bestandteile der Brustdrüse – aus der ektodermen Zellschicht stammen. Dann lese ich auf Seite 2 dieses Dokuments, dass man unter diesen Galactophoren die ‚ducto-lobulären’ Einheiten findet, die der häufigste Sitz des Brustkrebses sind.

Merlin Parpaing: Ja, und?

Zoélie F.: Ja, und wenn man Hamer glaubt, müsste man, da ja der Brustkrebs im Gewebe entstanden ist, das sich aus dem Ektoderm (Außenhaut des menschlichen Keims) im Stadium eines aktiven Konflikts gebildet hat, ein Aushöhlen, eine Geschwürbildung des Gewebes beobachten können und schließlich eine „Rückbildungs-Phase“ nach „Auflösung des Konflikts“. Anders gesagt, die Tumoren der Brust sollen keineswegs Anzeichen für eine aktive Krankheit sein, sondern Anzeichen einer Rückkehr zur Normalität auf Grund eines beginnenden Heilungsprozesses.

Merlin Parpaing: Also, kein Grund, sich zu erschrecken!

Zoélie F.: Demnach entspricht das, was Hamer als einen Prozess der Heilung beschreibt, dem, was die Medizin als gefährliche Krankheit ansieht. Von Hamer werden die Kranken ermutigt, Zeichen der Verschlimmerung ihrer Krankheit als normale Etappen zur Heilung anzusehen. Hamer rät entschieden ab, eine Chemotherapie zu Hilfe zu nehmen, denn er behauptet, dass diese einen guten Verlauf der Heilungsphase blockieren würde.

Merlin Parpaing: Ja, und das trübt das Verhältnis zwischen Patienten und der offiziellen Medizin.

Zoélie F.: Gewiss. Deshalb haben sich Leute, die an fortgeschrittenem Krebs mit heftigen Schmerzen leiden, lange gegen medizinische Behandlung gewehrt. Manche haben sogar ihr Umgebung angefleht, sie nicht in ein Krankenhaus zu bringen.

Merlin Parpaing: Sicher ist, dass für die Patienten, die Anhänger der Theorien Hamers sind, die Tatsache genügt, sich auf dem Weg der Heilung zu befinden, um sich den klassischen medizinischen Behandlungen zu verweigern. Kein Wunder, dass zahlreiche Personen vorzeitig gestorben sind, weil sie den Thesen Hamers oder eines seiner Schüler vertraut haben. Das kann man ja in einer ersten Reportage einer im belgischen Fernsehen ausgestrahlten Sendung sehen.

Zoélie F.: Tja, und mit dem Brustkrebs erweist sich das „Gesetz vom System der Ontogenese von Erkrankungen“ als falsch. Und das, obwohl der Brustkrebs eine der am weitesten verbreiteten Krebserkrankungen ist.
Das ist doch etwas bedauerlich, oder?

Merlin Parpaing: Na, Du weißt ja... Das ist bestimmt nicht meine Gechäftsgrundlage. Aber wenn ich daran denke dass es Mediziner gibt, die das eben genannt „Gesetz“ unterstützen... Ich meine, das muss reichlich lukrativ sein!

Zoélie F.: Bestimmt! Hamer hat noch ein viertes Gesetz definiert, das „Ontogenetische System der Mikroben“.

Merlin Parpaing: Nach Hamer soll jedes embryonale Keimblatt mit einem Element des Hirns und einer Kategorie von Mikroorganismen in Verbindung stehen, die dem Organismus in der Phase der Konfliktlösung (oder der Heilung) beistehen.
So aktivieren sich in der Phase der Lösung eines vom Kleinhirn ‚verwalteten’ und ein endodermisches Gewebe bewirkenden Konflikts die Mycobakterien.
Ebenso sollen die Bakterien in Verbindung stehen mit dem Stammhirn und dem mittleren Keimblatt in der Embyonalentwicklung (Mesoderm).
Und die Viren seien mit dem Kortex und der Außenhaut (Ektoderm) des menschlichen Keims verbunden. Um es zu vereinfachen, zeigen sich die pathogenen Mikroben nur in der Phase der Konfliktlösung und sollen dem Organismus helfen, die Überbleibsel von Tumoren zu zerstören und abzustoßen. Nach dieser Theorie ist – aufgrund der angeblichen Nützlichkeit der Mikroorganismen – von Impfungen und Antibiotika strengstens abzuraten.

Zoélie F.: Die pathogenen (= krankheitserregenden) Mikroben befreien uns nicht nur nicht von unseren krebsbedingten Tumoren, sondern sie können sogar bestimmte Krebserkrankungen auslösen. Im übrigen ist es nicht außergewöhnlich, dass krebserkrankte Patienten durch einen pathogenen Keim angesteckt wurden, wofür ihr Fieber ein Beleg ist, und dass sie dennoch erleben müssen, wie ihr Tumor beständig wächst.
Ein französisches Dokument zeichnet, unterstützt durch Photos, den Weg eines der Hamer-Opfer nach und beweist, dass ein Tumor sich anstecken kann und sich weiter ausbreitet.

Merlin Parpaing: Einverstanden, aber genügend Menschen kennen die Realitäten des Krebses zu wenig, um den darauf beruhendenThesen zu vertrauen. Und viele hören von den Theorien Hamers und sind erst einmal begeistert. Ein anscheinend wissenschaftlicher Diskurs, gespickt mit biologischen und embryologischen Begriffen, von einem Arzt vorgetragen und unsere Ängste vor dieser Krankheit vom Tische wischend... Da möchte man doch gern dran glauben, oder?

Zoélie F.: Das ist tatsächlich ziemlich unwiderstehlich. Betrachten wir nun das fünfte Gesetz, die „Quintessenz. Was bedeutet das denn?

Merlin Parpaing: Nach Hamer ist das, was wir gewöhnlich als Krankheit verstehen, als eine Phase des „SBS“ (gut begründetes biologisches Programm) angesehen werden. Das „SBS“ soll einen Sinn und eine biologische Notwendigkeit haben.

Zoélie F.: Ich verstehe. Es gäbe also keinen Grund, Angst vor der Krankheit zu haben, vielmehr sollte man die biologischen Gesetze verstehen und achten. Wie denkst du darüber?

Merlin Parpaing: Ich stimme dem ‚vollinheitlich’ zu. Wir Scharlatane haben eine quasi-universelle Regel: Um dem Patienten möglichst viel Geld aus der Tasche zu ziehen, muss man immer die Gefährlichkeit eines ernsthaften Leidens kleinreden und die Bedeutung einer gutartigen Krankheit überzeichnen.
Im ersten Fall ist es unser Ziel, dem Kranken den Besuch kompetenterer Leute auszureden; und im zweiten Fall geht es darum, sich in ein günstiges Licht zu stellen und sich die Heilung als seinen Verdienst  zuzuschreiben.

Zoélie F.: Das ist ausgeklügelt, in der Tat. Ein Gedanke treibt mich dabei um: Die Theorien Hamers bestehen seit mehr als dreißig Jahren. Fragen die Leute sich nicht, warum kein einziger Fall einer Heilung bekannt wurde, der seiner Therapie zuzuschreiben wäre?

Merlin Parpaing: Auf diese Art Fragen ist leicht zu entgegnen. Hamer hat immer behauptet, seine Gesetze seien in ihrer Gültigkeit aufgrund seines Studiums von Tausenden von medizinischen Dossiers bestens begründet. Er versichert, dass mit seinen Methoden behandelte Patienten zu 98 % der Fälle gesund werden, er aber nicht im großen Maßstab experimentieren und seine Erfolge nicht veröffentlichen konnte, da sie die ökonomischen Interessen einer ganzen Hierarchie gefährden würden.

Zoélie F.: So ist es! Es ist die Verschwörung, welche die pharmazeutische Industrie angezettelt hat und die ihn zum Schweigen zwingt...Der große Klassiker!

Merlin Parpaing: Die Klassiker sind nicht totzukriegen. Um noch einmal auf die 98 % Heilungen zu kommen: Wahrlich eine gut gewählte Zahl: Diese Rate ist groß genug, um unter den Kranken und ihren Familien große Hoffnungen zu wecken und bei jedem Misserfolg sind die Leute überzeugt, Teil der wenigen Unglücklichen aus den restlichen 2% zu sein.

Zoélie F.: Wenn man die 98 % Erfolg für Hamer mit den angeblichen 2,2% Erfolg der Chemotherapie – wie es die zahlreichen Verfechter der alternativen Behandlungsmethoden behaupten – vergleicht...
... das macht Appetit auf die Vorgehensweise Hamers. Nur hat er seine Prinzipien in einigen „Kliniken“ in Deutschland, in denen er als Arzt tätig war, eingesetzt... die Resultate waren keineswegs brillant. Sogar eher dramatisch.

Merlin Parpaing: Ja, die Ergebnisse waren betrüblich, und die Patienten starben  unter heftigsten Schmerzen, ohne irgendeine schmerzlindernde Behandlung erfahren zu haben.  Und man kennt keinen Kranken, der in einer der Kliniken von Hamer Heilung gefunden hätte. Deshalb enthalten sich Hamer und seine Schüler damit zurück, über ihre Horror-Kliniken zu sprechen.

Zoélie F.: Äußerst verständlich!

Nachtrag: Orte, in denen Hamer eine Klinik unterhielt:
·      Bad Krozingen (bei Freiburg im Breisgau – Deutschland)
·      Guyhum (bei Bremen – Deutschland)
·      Katzenelnbogen (bei Koblenz – Deutschland)
·      Burgau (bei Graz – Österreich)

Schließlich ging er nach Norwegen.

In Anbetracht dieser verstreuten Wirkungsbereiche hat man wohl nicht den Eindruck, dass es sich bei ihm um einen Arzt handelt, der seine Patienten therapeutisch begleitet, sondern eher um die Irrwege eines vagabundierenden Banditen.

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